Störungsbilder

Störungsbilder bei Kindern

Sprachentwicklungsstörungen können eine Vielzahl von Ursachen haben (z. B. Fehlbildungen der Sprechorgane, Hörstörungen, neurologische Störungen, eingeschränkte Sprachanregungen, Mehrsprachigkeit, familiäre Sprachschwächeveranlagung, etc.). Häufig wird eine zeitliche Verzögerung in allen vier Bereichen (Sprachverständnis, Artikulation, Wortschatz und Grammatik) diagnostiziert.
Hierbei kann es sich um eine reine Artikulationsstörung handeln, bei der einzelne Laute oder Lautverbindungen nicht gebildet werden können, oder aber um eine phonologische Sprachentwicklungsverzögerung, bei der zwar die Einzellaute gebildet werden können, ihr Einsatz im Wort aber noch fehlerhaft ist, da die bedeutungsunterscheidende Funktion der Laute noch nicht bewusst ist.
Auch wenn ein Kind gut hören kann, bedeutet dies nicht unbedingt auch eine gute Wahrnehmung und Verarbeitung dieser Höreindrücke. Manche Kinder haben Schwierigkeiten, sich Gehörtes zu merken, sich in einer lauten Umgebung zu konzentrieren oder ein Wort in seine Laute zu zerlegen. Mit computerunterstützten Verfahren werden bei uns diese zentral-auditiven Fähigkeiten geschult und verbessert.
Bei den kindlichen Stimmstörungen können Stimmklang, Lautstärke oder Tonhöhe gestört sein. Durch den unphysiologischen Stimmgebrauch kann es zu organischen Folgeerkrankungen kommen (Schreiknötchen, usw.).
Hier unterscheidet man zwischen offenem und geschlossenem Näseln. Die Ursachen sind oft organisch (Lippen-Kiefer-Gaumenspalte, etc.) oder neurologisch (Gaumensegelschwäche, etc.).
Beim Schlucken stößt die Zunge gegen oder zwischen die Schneidezähne. Dadurch kann es zu Zahnfehlstellungen, Artikulationsstörungen, etc. kommen (s. Fallbeispiel Kind).
Kindliche Schluckstörungen können ebenfalls organisch, neurologisch oder psychisch bedingt sein. Meist handelt es sich um Säuglinge, die oral keine Nahrung aufnehmen können, da der Schluckreflex nicht auslösbar ist, oder aber wegen einer Vielzahl von Operationen im Mund- und Halsbereich ein gesunder Schluckablauf nicht gewährleistet ist. Neben einer Magensonde sind diese Kinder häufig auch mit einer Trachealkanüle versorgt. Ziel der Therapie in diesem Bereich ist eine normale Stimmgebung zu erarbeiten und die orale Nahrungsaufnahme einzuleiten.
Störungen des Redeflusses können sich als Stottern oder Poltern zeigen. Beim Poltern ist die Verständlichkeit oft durch ein unregelmäßiges, überhastetes Sprechen eingeschränkt. Häufig werden Laute und Silben weggelassen oder ineinander gezogen. Beim Stottern treten Laut- und Teilwortwiederholungen, Dehnungen und Blockierungen auf. Häufig stellt sich schon bald eine Begleitsymptomatik ein, die auf das Stottern eine aufrechterhaltende Wirkung ausüben kann (s. Fallbeispiel Erwachsener). Eine logopädische Therapie sollte so früh wie möglich beginnen, um einer Chronifizierung entgegenzuwirken. Wir arbeiten hier nach dem symptomorientierten Ansatz MiniKIDS (2 – 6 Jahre) und SchulKIDS (7 – 14 Jahre). KIDS steht dabei für „KInder Dürfen Stottern“ und hat zum Ziel, bestehende Begleitsymptome zu reduzieren oder neue zu verhindern und durch Veränderung der Kernsymptome locker und weitgehend anstrengungsfrei sprechen zu können.

Legasthenie

Lesen und Schreiben lernen ist nicht immer so einfach wie viele von uns denken. Auffällig ist, dass es Kindern zunehmend schwer fällt die deutsche Rechtschreibung sicher zu beherrschen. Gründe dafür sind vielfältig, wichtig ist es aber, die Ursache herauszufinden. Zeitweilige Probleme beim Erlernen von Lesen und Schreiben sind normal und betreffen viele Kinder. Einigen Schüler*innen wird eine Leseschwäche/Rechtschreibschwäche, Lesestörung/Rechtschreibstörung (LRS) diagnostiziert. In vielen Fällen mag die Diagnose zutreffen, doch nicht selten steckt in Wirklichkeit eine Legasthenie dahinter.

Unterschied Legasthenie und LRS (Lese-Rechtschreibschwäche)

Leider werden die Begriffe Legasthenie und Lese-Rechtschreibschwäche (LRS) oft für dasselbe gehalten. Tatsächlich ist aber vor allem in der Förderung eine Unterscheidung zu treffen.

Legasthenie (Primärlegasthenie) ist eine spezifische Problematik normal intelligenter Kinder beim Lesen und/oder Schreiben, ohne dass dafür eine äußere Ursache erkennbar ist (z.B. physische Seh- oder Hörprobleme, psychische Belastung, Versäumnisse in der Schule etc.). Statistisch gesehen sitzen in jeder Schulklasse mindestens drei legasthene Kinder. Die Eltern oder Lehrer trifft keine Schuld an der Legasthenie eines Kindes! Legasthenie ist die Folge von differenten Sinneswahrnehmungen und ist eine genetische Verlagerung.  Dadurch kommt es beim Schreiben und/oder Lesen zu einer zeitweisen Unaufmerksamkeit, die wiederum Wahrnehmungsfehler zur Folge hat.

Im Gegensatz zur Legasthenie ist die LRS (Lese-Rechtschreibschwäche) erworben. Sie kann durch bestimmte Ereignisse im Leben eines Kindes hervorgerufen werden. Es handelt sich um ein „erklärliches“ Problem beim Lesen- und/oder Schreiben erlernen, welches durch besondere Lebensumstände oder Belastungen (Krankheit, Schulwechsel, Scheidung etc.) hervorgerufen wird. Entspannt sich die Situation für das Kind wieder, verschwindet dieses Lernproblem bei gleichzeitigem vermehrten Üben allmählich. Man spricht daher auch von einer „vorübergehenden Lese-Rechtschreibschwäche.“

Wie erkenne ich eine Legasthenie?

Eine Legasthenie kann man erkennen, sobald die Kinder in der Schule das Schreiben erlernen. Durch die differente Informationsverarbeitung lernt ein legasthenes Kind auf eine andere Art! Ein diplomierter Legasthenietrainer kann auf pädagogischer Ebene anhand eines Testverfahrens eine eventuell vorliegende Legasthenie oder LRS feststellen. Da Legasthenie erblich bedingt ist, kann das Kind zwar nicht geheilt werden, es überwindet diese aber mit Hilfe einer pädagogisch-didaktischen Förderung! Das Kind braucht mehr Zeit, Motivation und Lob als andere, ist aber genauso in der Lage, mit Hilfe des pädagogischen Trainings durch einen diplomierten Legasthenietrainer das Lesen und Schreiben zu erlernen!

AFS-Testung zur Feststellung einer Legasthenie

Bei einem Verdacht auf Legasthenie kann der pädagogische AFS-Test Aufschluss geben. Die AFS-Methode wurde im Jahr 2000 vom Ersten Österreichischen Dachverband Legasthenie in Kooperation mit dem Dyslexia Research Center entwickelt. Das Testverfahren gibt Auskunft über Aufmerksamkeit, Sinneswahrnehmungen und Fehlersymptomatik des betroffenen Kindes.

Verdacht auf Legasthenie:

• zeitweise Unaufmerksamkeit beim Schreiben, Lesen auch fälschlich als „UNKONZENTRIERT“ bezeichnet
• zeitweise unruhig beim Schreiben und Lesen auch fälschlich als „HYPERAKTIV“ bezeichnet
• schnelleres Handeln als Denken, beim Schreiben und Lesen
• differente Leistungen in den verschiedenen Sinneswahrnehmungen (Optik – Akustik – Raumwahrnehmung)
• verlangsamtes Erlernen des Schreibens und Lesens, keine Verbesserung durch üben.

Anzeichen für Legasthenie bei einem Kind bis zur Vollendung des 9. Lebensjahres:

• große Probleme beim Lernen des Lesens und Schreibens
• ständiges und fortlaufendes Vertauschen von Zahlen und Buchstaben (z.B. 37 für 73; b für d)
• Schwierigkeiten beim Unterscheiden von rechts und links
• Schwierigkeiten beim Verinnerlichen des Alphabets
• Probleme beim Erinnern von Reihenfolgen wie z.B. der Tage der Woche, der Monate des Jahres und der Jahreszeiten
• anhaltende Schwierigkeiten beim Binden von Schuhbändern, Ballfangen, Seilspringen usw.
• zeitweise Unaufmerksamkeit beim Schreiben, Lesen oder Rechnen
• Frustration und Leidensdruck, was zu Verhaltensproblemen führen kann

Dyskalkulie

Ähnlich verhält es sich mit der Dyskalkulie. Bereits im Kindergartenalter entwickelt sich ein Vorläuferwissen über die Bedeutung von Zahlen und Mengen. Diese Kenntnisse erweitern Kinder in den ersten Schuljahren – sie erlernen die Grundrechenarten und verinnerlichen die Basis mathematischer Logik. Dyskalkulie erschwert diesen Lernprozess erheblich: Den betroffenen Kindern fehlen das nötige Mengenverständnis und die Zählfertigkeiten, um die Grundrechenarten erlernen zu können. Sie verstehen Zahlen als reine Symbole, nicht als Mengenangaben. Damit fehlt ihnen bereits das wesentliche Handwerkszeug, um Lernschritte in der Mathematik zu verinnerlichen. Immer mehr Kinder entwickeln Schwierigkeiten in diesen Bereichen.

 

Quelle: Erster Österreichischer Dachverband Legasthenie

Störungsbilder bei Erwachsenen

Durch einen Schlaganfall kann es zu Sprachstörungen kommen. Von einer Aphasie spricht man, wenn Teile der Sprache wie Sprachverständnis, Wortfindung, Grammatik oder die Schrift- und Lautsprache betroffen sind. Sprachstörungen können aber auch bei anderen neurologischen Erkrankungen wie z. B. der Parkinson Erkrankung, der Multiplen Sklerose oder nach chirurgischen Eingriffen auftreten. Die Sprechapraxie ist eine Planungsstörung der Artikulationsbewegungen, bei der es dem Patienten nicht möglich ist, Laute und Wörter korrekt auszusprechen.
Die Dysarthrie ist eine neurologische Sprechstörung, bei der die muskuläre Ausführung des Sprechablaufes beeinträchtigt ist. Die Stimme hört sich dann häufig verwaschen bis unverständlich an.
Schluckstörungen können organisch oder neurologisch bedingt sein. Leichte Schluckstörungen äußern sich zum Beispiel in einer verlängerten Nahrungsaufnahme (weil immer nur kleine Mengen geschluckt werden können), durch gelegentliches Husten beim Essen, durch Nahrungsreste im Mundraum (weil die Sensibilität gestört ist) oder durch eine Beeinträchtigung der Zungenbeweglichkeit, wodurch die Nahrung nicht vollständig auf der Zungenschüssel zentriert werden kann. Schwere Schluckstörungen zeichnen sich durch eine akute Aspirationsgefahr aus, d. h. die Nahrung gerät über die Luftröhre in die Lunge und kann dort eine lebensgefährliche Lungenentzündung hervorrufen.
Funktionelle Stimmstörungen treten häufig bei Berufssprechern wie Lehrern, Priestern oder Politikern auf und sind auf einen unökonomischen Einsatz von Atmung und Stimmgebung zurückzuführen. Organische Stimmstörungen können in Folge von Tumor-Operationen, Lähmungen oder Entzündungen auftreten und führen zu Beeinträchtigungen der Stimme bis hin zum kompletten Stimmausfall.
Kehlkopfentfernungen sind oft die Folge von ausgeprägten Tumoren im Halsbereich. Neben einer Vielzahl von Einschränkungen gehört auch der komplette Stimmverlust zu den Folgen eines solchen Eingriffes. In der Logopädischen Therapie erlernen die Patienten u. a. eine Ersatzstimme, um wieder in Kommunikation treten zu können.
Neben dem Poltern als einer Sprechstörung mit hastig übereiltem und überstürztem Sprechablauf, hat sich häufig im Erwachsenenalter eine seit Kindergartentagen bestehende Stottersymptomatik chronifiziert. Meist ist sie zu einer ausgeprägten Kommunikationsstörung geworden, bei der Vermeideverhalten und Sprechängste im Tagesablauf eines Stotternden dominieren. Je nach Häufigkeit der Stotterereignisse und in Absprache mit dem Patienten wird mit dem symptomorientierten Ansatz IMS (IntensivModifikation Stottern, nach Hartmut Zückner, Aachen) oder einem Fluency-Shaping-Ansatz in der Modifikation (nach Holger Prüss, Bonn) gearbeitet.